Trompete Spielen Lernen

5 Mythen zum Thema Atmung

Ich sage ja immer, dass Bläser zur Tonproduktion nur zwei Dinge tun: Einatmen und Ausatmen. Das Einatmen ist so gesehen also 50% der Tonproduktion und weil es vor dem Ausatmen kommt, bildet es die Grundlage für alles, was danach kommt.

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Je besser die Qualität des Einatmens, desto größer das Potential des Ausatmens. Oft bedeutet das, dass der Ton schöner, kerniger und voller klingt, wenn das Einatmen gut ist.

Was dieses „gut“ bedeutet, darüber gibt es viele Meinungen, Gerüchte und Mythen:

Atem-Mythos Nr.1 – Richtige Atmung kann man einüben

Es ist doch so: Atmen passiert bereits seit Urzeiten ganz natürlich, ohne dass jemals jemand geübt hätte zu atmen. Es ist anmaßend zu glauben, man müsse (könne) die Natur verbessern. Meine Beobachtung ist, dass isolierte(!) Atemübungen bestenfalls keine Auswirkungen haben, meistens jedoch ein statisches, aufgezwungen wirkendes und jedenfalls unnatürliches Atmen zur Folge haben.

Atmung ist Leben. Atmung ist Emotion. Der Atem verändert sich mit der Situation, mit unserer allgemeinen Verfassung, mit unseren Gefühlen, mit der Musik… daher führt mechanisches Atmen oft auch zu mechanischem Musizieren.

Atem-Mythos Nr.2 – Zwerchfellatmung ist die beste Atmung

Die Bauch- oder Zwerchfellatmung wird oft als natürlichste und gesündeste Atmung beschrieben. Warum jetzt Brustatmung auf einmal unnatürlich oder ungesund sein soll, konnte mir bisher noch keiner schlüssig erklären. Auch die beobachtbare Tatsache, dass im echten Leben (im Ggs. zu Lehrbuchanatomie) niemand jemals NUR mit dem Zwerchfell atmet, interessiert die Verfechter der reinen Zwerchfellatmung anscheinend nicht.

Richtig ist: isolierte Brustatmung und isolierte Bauchatmung sind unnatürlich. Auch die Methode „zuerst isoliert Bauchatmung und danach Brustatmung“ ist eine künstliche Erfindung. Denn: Brust- und Bauchatmung funktionieren natürlicherweise im Team und können nur mit viel Übeaufwand getrennt verwendet werden.

Ich habe dieses gut gemachte Video gefunden, das zeigt, was anatomisch beim Atmen passiert:

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Quelle: Jessica Wolf’s Art Of Breathing
Ein ausführliche Version mit Erklärungen gibt es auf Amazon.

Atem-Mythos Nr.3 – Zwerchfellstütze

Das Zwechfell ist ein Einatemmuskel, daher kannst du mit dem Zwerchfell nicht stützen. Ich selbst setze im Unterricht gerne Metaphern ein und weiß um deren positive Wirkung. Aber wenn es um anatomische Begriffe geht, müssen diese auch exakt definiert und in ihrer tatsächlichen Funktion verwendet werden, sonst entsteht unnötige Verwirrung, wie das Unwort „Zwerchfellstütze“ zeigt.

Atem-Mythos Nr.4 – Kapazität erweitern

Auch das ist eine sprachliche Ungenauigkeit. Sinnvolle Atemübungen zielen darauf ab, übermässige Spannungen abzubauen, bzw. eine angemessene Spannungsverteilung zu erreichen, so dass sich im Ergebnis Brustkorb und Zwerchfell frei bewegen können (Zwerchfell wird u.a. eingeschränkt durch verspannte Bauchmuskeln).

Dadurch lernt man die natürlich vorhandene Kapazität zuzulassen – man erweitert aber nicht das Lungenvolumen. Das kann man ggf. durch Ausdauersport tun, nicht durch Atemübungen.

Atem-Mythos Nr.5 – Kraft trainieren

Es gibt Übungen, bei denen man sich ein dickes Buch oder gar BüchER auf den Bauch legt und gegen den Widerstand atmen soll. Die absurde Krönung ist dann der Lehrer, der sich auf deinen Bauch stellt und den du durch Zwerchfellkraft anheben sollst… Das ist dann das genaue Gegenteil von meiner Philosophie zum Thema Atmung:

Dein Körper kann nämlich selbstständig, auf die genau angemessene Art und in ausreichender Menge Luft holen, um das zu spielen, was du gerade spielen willst. Falls du ihn nicht störst! Oft ist einem aber gar nicht bewusst, DASS man stört – und damit natürliche Atmung ungewollt verhindert.

Ziel jeder Atemübung müsste also sein, anstatt etwas hinzuzufügen – also dass man beispielsweise eine bestimmte Art zu atmen einübt oder Muskeln (wie das Zwerchfell) trainiert – im Gegenteil sein, weniger zu tun, und damit jegliches Stören der Atmung zu unterlassen.

Es geht nicht um ein wie auch immer geartetes „Tun“, sondern um ein „Nicht-Tun“, ein „GeschehenLassen“ von natürlicher Atmung.


Videopräsentation ansehen! (im Trompete Insider-Club)

Und du…?

Welche in diesem Sinne nützlichen Übungen kennst du? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Achtest du beim Spielen auf deinen Atem? Oder passt das auch so? Welche Gedanken hattest du beim Lesen des Artikels? Beteilige dich an der Diskussion, indem du deinen Beitrag in die Kommentarbox unter dem Artikel schreibst.

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